Montag, 10. Dezember 2012

Menschenrechte und Freihandel

Zurzeit verhandelt die Schweiz mit China über ein bilaterales Freihandelsabkommen (FHA). Die entwicklungspolitische Organisation Solidar Suisse befürchtet, dass das FHA zur Untergrabung international anerkannter menschen- und arbeitsrechtlicher Mindeststandards in China beitragen wird.

Am 10. Dezember ist der internationale Tag der Menschenrechte. Solidar Suisse ist gemäss der am Montag veröffentlichten Mitteilung der Meinung, dass ein Freihandelsabkommen mit China auch der Entwicklung und Respektierung der Menschenrechte dienen muss. Deshalb hat Solidar Suisse einen Sieben-Punkte-Plan aufgestellt, der die minimalen Anforderungen an ein Freihandelsabkommen aufzeigt: Zum Beispiel müssen die Zwangsarbeitslager in China geschlossen und die Gewerkschaftsfreiheit respektiert werden. Falls der Bundesrat nicht für die Verankerung der Menschen- und Arbeitsrechte sorgt, fordern wir das Parlament auf, das Freihandelsabkommen abzulehnen. Andernfalls empfiehlt Solidar Suisse seinen Trägerorganisationen, der SP Schweiz und den Gewerkschaften, das Referendum dagegen zu ergreifen.
 
Trotz Fortschritten in den letzten Jahren gibt es in China im internationalen Vergleich weiterhin erhebliche Defizite bei den Arbeitsstandards. Die vier Kernarbeitsnormen zu Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen sowie zu Zwangs- und Pflichtarbeit lehnt China noch immer ab. Die vier Kernarbeitsnormen gegen Kinderarbeit und Diskriminierung hat es zwar ratifiziert, setzt die entsprechenden Gesetze aber nur ungenügend um.

Zwangsarbeit ist weit verbreitet,
obschon sie einen krassen Verstoss gegen die Menschenrechte darstellt. Als verurteilte Häftlinge oder ohne gerichtliches Urteil und fernab jeder Rechtsstaatlichkeit werden Menschen in Arbeitslagern ausgebeutet; Misshandlungen sind oft an der Tagesordnung. Die chinesischen Gewerkschaften können die Aufgabe, die Arbeitsrechte durchzusetzen, nicht wahrnehmen: Zum einen sind sie nicht unabhängig, sondern zu Loyalität gegenüber der Kommunistischen Partei verpflichtet, zum anderen ist die Förderung der Wirtschaftsentwicklung eine ihrer zentralen Aufgaben, weshalb die Gewerkschaften eher die Arbeitgeberseite vertreten.


Solidar Suisse ist der Überzeugung, dass arbeitsrechtliche Mindeststandards die Wirtschaftsentwicklung positiv beeinflussen, da sie zu sozialer Gerechtigkeit, zum sozialen Frieden und damit zur Nachhaltigkeit wirtschaftlicher Entwicklung beitragen. Nur eine nachhaltige Entwicklung, nicht jedoch eine auf kurzfristige Profite ausgerichtete Aussenwirtschaftspolitik, verdient es, über ein Freihandelsabkommen gefördert zu werden. Ein faires Arbeitsrecht sorgt für stabile Rahmen-bedingungen, faire Wettbewerbsbedingungen und ein wirtschaftliches Wachstum, das der ganzen Bevölkerung dient. Die EFTA hat die Relevanz arbeitsrechtlicher Normen für die wirtschaftliche Entwicklung anerkannt und diese in den Freihandelsabkommen mit Hongkong und Montenegro integriert. Solidar Suisse stellt sieben Forderungen:


1) Das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China beinhaltet ein Nachhaltigkeitskapitel mit sozialen und ökologischen Bestimmungen.

 
2) Das Nachhaltigkeitskapitel stellt die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen (Gewerkschafts-freiheit; Verbot von Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Diskriminierung) als arbeitsrechtliche Mindeststandards sicher. Darüber hinaus legt es weitere Standards auf Basis des Uno-Pakts 1 (Sozialrechte) verpflichtend fest.
 
3) Das Freihandelsabkommen garantiert die Freiheit und Unabhängigkeit der Gewerkschaften und sichert ihnen explizit das Recht zu, sich in internationalen Gewerkschaftsverbänden einbringen zu dürfen.
 
4) Das Abkommen stellt sicher, dass kein Freihandel erfolgt, solange nicht sämtliche Zwangs-arbeitslager geschlossen sind.
 
5) Eine tripartite Kommission überwacht die ausreichende Integration der arbeitsrechtlichen Belange sowie die Umsetzung des Freihandelsabkommens und leitet als Schweizer Kontaktstelle für Beschwerden bei Regelverletzungen Schritte ein, wie z.B. Sanktionen.
 
6) Bei der Verletzung der menschen- und arbeitsrechtlichen Standards des Nachhaltigkeitskapitels ist ein bilaterales Schiedsgerichtverfahren vorgesehen.
 
7) Das Freihandelsabkommen regelt verbindlich die Zusammenarbeit im Arbeitsbereich, insbesondere zum Arbeitsrecht und seiner rechtlichen Durchsetzung.
 
Das ausführliche Positionspapier von Solidar Suisse zum Freihandelsabkommen mit China findet sich hier.

Bild - Baustelle in Kuoming: Guntram Rehsche

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