Zurzeit verhandelt die Schweiz mit China über ein bilaterales
Freihandelsabkommen (FHA). Die entwicklungspolitische Organisation Solidar Suisse befürchtet, dass das FHA zur
Untergrabung international anerkannter menschen- und arbeitsrechtlicher
Mindeststandards in China beitragen wird.
Am 10. Dezember ist der internationale Tag der Menschenrechte. Solidar Suisse ist gemäss der am Montag veröffentlichten Mitteilung der Meinung, dass ein Freihandelsabkommen
mit China auch der Entwicklung und Respektierung der Menschenrechte
dienen muss. Deshalb hat Solidar Suisse einen
Sieben-Punkte-Plan
aufgestellt, der die minimalen Anforderungen an ein Freihandelsabkommen
aufzeigt: Zum Beispiel müssen die Zwangsarbeitslager in China
geschlossen und die Gewerkschaftsfreiheit respektiert werden. Falls der Bundesrat nicht für die Verankerung der Menschen- und
Arbeitsrechte sorgt, fordern wir das Parlament auf, das
Freihandelsabkommen abzulehnen. Andernfalls empfiehlt Solidar Suisse
seinen Trägerorganisationen, der SP Schweiz und den Gewerkschaften, das
Referendum dagegen zu ergreifen.
Trotz Fortschritten in den letzten Jahren gibt es in China im
internationalen Vergleich weiterhin erhebliche Defizite bei den
Arbeitsstandards. Die vier Kernarbeitsnormen zu Vereinigungsfreiheit und
Kollektivverhandlungen sowie zu Zwangs- und Pflichtarbeit lehnt China
noch immer ab. Die vier Kernarbeitsnormen gegen Kinderarbeit und
Diskriminierung hat es zwar ratifiziert, setzt die entsprechenden
Gesetze aber nur ungenügend um.
Zwangsarbeit ist weit verbreitet,
obschon sie einen krassen Verstoss
gegen die Menschenrechte darstellt. Als verurteilte Häftlinge oder ohne
gerichtliches Urteil und fernab jeder Rechtsstaatlichkeit werden
Menschen in Arbeitslagern ausgebeutet; Misshandlungen sind oft an der
Tagesordnung. Die chinesischen Gewerkschaften können die Aufgabe, die
Arbeitsrechte durchzusetzen, nicht wahrnehmen: Zum einen sind sie nicht
unabhängig, sondern zu Loyalität gegenüber der Kommunistischen Partei
verpflichtet, zum anderen ist die Förderung der Wirtschaftsentwicklung
eine ihrer zentralen Aufgaben, weshalb die Gewerkschaften eher die
Arbeitgeberseite vertreten.
Solidar Suisse ist der Überzeugung, dass arbeitsrechtliche
Mindeststandards die Wirtschaftsentwicklung positiv beeinflussen, da sie
zu sozialer Gerechtigkeit, zum sozialen Frieden und damit zur
Nachhaltigkeit wirtschaftlicher Entwicklung beitragen. Nur eine
nachhaltige Entwicklung, nicht jedoch eine auf kurzfristige Profite
ausgerichtete Aussenwirtschaftspolitik, verdient es, über ein
Freihandelsabkommen gefördert zu werden. Ein faires Arbeitsrecht sorgt
für stabile Rahmen-bedingungen, faire Wettbewerbsbedingungen und ein
wirtschaftliches Wachstum, das der ganzen Bevölkerung dient. Die EFTA
hat die Relevanz arbeitsrechtlicher Normen für die wirtschaftliche
Entwicklung anerkannt und diese in den Freihandelsabkommen mit Hongkong
und Montenegro integriert. Solidar Suisse stellt sieben Forderungen:
1) Das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China beinhaltet
ein Nachhaltigkeitskapitel mit sozialen und ökologischen Bestimmungen.
2) Das Nachhaltigkeitskapitel stellt die Einhaltung der
ILO-Kernarbeitsnormen (Gewerkschafts-freiheit; Verbot von Kinderarbeit,
Zwangsarbeit und Diskriminierung) als arbeitsrechtliche Mindeststandards
sicher. Darüber hinaus legt es weitere Standards auf Basis des
Uno-Pakts 1 (Sozialrechte) verpflichtend fest.
3) Das Freihandelsabkommen garantiert die Freiheit und Unabhängigkeit
der Gewerkschaften und sichert ihnen explizit das Recht zu, sich in
internationalen Gewerkschaftsverbänden einbringen zu dürfen.
4) Das Abkommen stellt sicher, dass kein Freihandel erfolgt, solange nicht sämtliche Zwangs-arbeitslager geschlossen sind.
5) Eine tripartite Kommission überwacht die ausreichende Integration
der arbeitsrechtlichen Belange sowie die Umsetzung des
Freihandelsabkommens und leitet als Schweizer Kontaktstelle für
Beschwerden bei Regelverletzungen Schritte ein, wie z.B. Sanktionen.
6) Bei der Verletzung der menschen- und arbeitsrechtlichen Standards
des Nachhaltigkeitskapitels ist ein bilaterales Schiedsgerichtverfahren
vorgesehen.
7) Das Freihandelsabkommen regelt verbindlich die Zusammenarbeit im
Arbeitsbereich, insbesondere zum Arbeitsrecht und seiner rechtlichen
Durchsetzung.
Das ausführliche Positionspapier von Solidar Suisse zum Freihandelsabkommen mit China findet sich hier.
Bild - Baustelle in Kuoming: Guntram Rehsche
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